Dear Diary

Liebes Tagebuch,

heute ist Montag, der 23. März 2020.

Seit zwei Wochen nun sind wir sozusagen in selbstauferlegter häuslicher Quarantäne. Zwar dürfen wir noch zum Arzt, zum einkaufen und auf die Arbeit, aber ansonsten ist das Leben, wie wir es kannten zum erliegen gekommen. Die Corona Pandemie hält unseren Alltag sehr im Griff.

Das Leben in Quarantäne bringt in uns das beste oder auch das schlimmste zum Vorschein, je nachdem, wie man es sehen will.

Vieles ist mir jetzt klar geworden. 

Seit nunmehr 33 Jahren leide ich nun schon unter meinen Mann. Im Laufe der Jahre wurde er immer herrischer und einnehmender. Mit 16 Jahren floh ich aus meinem von Gewalt geprägten Elternhaus in dem es praktisch täglich prügel gab, da man als Kind immer grundsätzlich das Falsche tat.

Mit 15 lernte ich dann Bernd kennen. Ein Macho aber eben auch ein Beschützer, der mich praktisch da raus holte. Am Anfang fand ich das alles noch gut; seinen Kontrollzwang verwechselte ich mit Fürsorge, seine Machtspiele über mich mit Liebe. 

 

Ich werde wohl mit ihm reden, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, sonst will ich die Trennung.

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Dienstag, der 24. März 2020.

Ich habe Angst vor Bernd und traue mich nicht, mit ihm zu reden. Er wird sicherlich Amok laufen, wenn ich ihm sage was ich vorhabe und dann weiß ich nicht, was er mit mir tut. Aber so geht es doch auch nicht weiter.

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Mittwoch, der 25. März 2020

Ich habe jetzt die Lösung für mein Problem gefunden. Wegen des Corona Virus sterben derzeit sehr viele Menschen, da fällt doch einer mehr sicherlich nicht auf. Und die Zeit alle zu obduzieren hat die Gerichtsmedizin sicherlich auch nicht. Noch weiß ich nicht wie, aber dazu fällt mir sicherlich auch noch etwas ein.

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Donnerstag, der 26. März 2020

Jetzt weiß ich es! Ich brauche so einen Corona Erreger. Der erledigt dann die Arbeit für mich und ich bin aus dem Schneider. Aber wo bekomme ich den her? Und wie kann ich erreichen, dass es mich nicht auch dahinrafft?

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Sonntag, der 29. März 2020

Bernd geht es plötzlich sehr schlecht. Er hat Fieber, Husten und Atemnot. Ich habe ihm versprochen, dass wir morgen zum Arzt gehen, wenn es ihm nicht besser geht. Derweil pflege ich ihn mit Hausmitteln und kalten Wadenwickeln.

Hat man mein Flehen erhört?

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Montag, der 30. März 2020

Nachdem Bernd heute Nacht fast erstickt wäre habe ich dann doch den Notarzt geholt. Ich kann die Schuld nicht auf mich laden.

Der Krankenwagen hat ihn unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ins Krankenhaus gebracht und mich sofort unter Quarantäne gestellt.

Deine Birgit

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Samstag, der 4. April 2020

Quarantäne ist toll; besonders wenn man sie alleine genießen kann.

Bernd ist am Mittwoch, den 1. April 2020 am Coronavirus gestorben und das war Gott sei Dank kein Aprilscherz. Er wurde bereits am Freitag eingeäschert um die Verbreitung der Infektion zu vermeiden. Man hat ihn dann auch gleich im Familiengrab seiner Eltern beigesetzt. Zu meiner Erleichterung ohne mein Beisein. Ich bin frei und kann nun mein Leben genießen.

Deine Birgit

 

 

Liebes Tagebuch,

heute ist Sonntag, der 5. April 2020

Soeben hatte ich Besuch der Polizei. Sie teilten mir mit, dass sie durch die Festnahme des Labormitarbeiters Marco N. nun weitere Erkenntnisse hätten. Ich glaube ich wurde leichenblass, als sie den Namen Marco erwähnten. Doch zu meiner Erleichterung kam heraus, dass mein Mann mich mit dem Corona-Virus infizieren wollte. Er hatte sich durch ihn Viren besorgt.

Sie meinten, dass er wohl selbst in die Grube gefallen ist, die er mir graben wollte.

Ich bin schockiert, dass dieses Ekel mich beseitigen wollte, wo ich ihm doch so viele Jahre eine gute Ehefrau war. Aber letztendlich hat er ja bekommen, was er verdient hat.

Deine Birgit

 

 

Komissar Müller brach die Tür zur Wohnung der Schusters auf, in der Frau Birgit Schuster regungslos am Boden neben dem Esstisch lag. In Ihrer linken Hand hielt sie einen Brief ihres verstorbenen Mannes, Poststempel vom 7. April 2020, auf dem Esstisch lag noch ihr Tagebuch.

 

Müller griff sich den Brief und las ihn fassungslos immer wieder :

 

Meine gehasste Ehefrau Birgit,

ich bin nicht so blöde wie du denkst.

Dein Tagebuch, das Du vor mir unter den losen Dielen hinter der Toilette versteckt hast habe ich schon vor Wochen gefunden. Dadurch war ich auch in der Lage dein Vorhaben ins Gegenteil zu verkehren. Von Marco N, einem korrupten Labormitarbeiter, habe ich mir ein paar Viren besorgt. Damit du dich auch wirklich infizierst, habe ich die Virenlösung an deine Zahnbürste gegeben. Ich hoffe du krepierst daran und ich kann die 200.000€ Lebensversicherung kassieren. Das passiert, wenn man versucht mich hereinzulegen.

Dein schlauer Bernd

 

"Nun" sagte Komissar Müller zu seinem Kollegen Seifert "da haben sich die beiden wohl in nichts nachgestanden"

"Sollen wir einen ausführlichen Bericht schreiben, dass die beiden sich gegenseitig mit illegal erworbenen Corona-Viren des Marco N. in Tötungsabsicht umgebracht haben?" fragte Seifert sichtlich irritiert.

 

Komissar Müller lächelte "Lass mal Hugo, das ist nur Schreibkram, der keinem nützt. Die beiden Täter sind tot, weiterer Schaden wurde nicht angerichtet und angesichts der Pandemie geht das sowieso unter. Ihre gerechte Strafe haben beide erhalten"

 

Komissar Hugo Seifert nickte zustimmend während er still an seinem Kaffee nippte.